Die Synagoge


Geschichte des Gebäudes

In den Jahren 1909-1911 errichteten Walther William Lossow und Max Hans Kühne das Synagogengebäude in der Otto-Müller-Straße in Görlitz. Die Architekten sollten später auch zwei weitere bedeutende Gebäude dieser Zeit verantworten: den Leipziger Hauptbahnhof und das Dresdner Schauspielhaus. 

Nachdem der vormalige Synagogenbau für die stetig wachsende Gemeinde in Görlitz zu klein geworden war, setzte das jüdische Bürgertum mit dem Neubau im Herzen der Stadt ein repräsentatives Zeichen seines Selbstbewusstseins und seiner wichtigen Funktion in der Stadtgesellschaft der Blütezeit der Stadtentwicklung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. 

 

In der Zeit des Nationalsozialismus erlitt auch in Görlitz die jüdische Bevölkerung unmenschliche Grausamkeit. Ihr Gotteshaus jedoch blieb als eines der wenigen in ganz Deutschland verschont. Zwar wurde in der Pogromnacht am 9. November 1938 auf die Görlitzer Synagoge ein Brandanschlag verübt. Jedoch rückte die Feuerwehr aus und löschte den Brand, eine außergewöhnliche Rettung, deren Umstände bis heute nicht endgültig geklärt sind. 

 

Nachdem es bereits 1939 Überlegungen gegeben hatte, das Gebäude in städtisches Eigentum zu überführen, diente die Synagoge zwischenzeitlich unter Missbilligung ihrer Eigentümer als Lager für das Görlitzer Theater. In der Nachkriegszeit bot die Jüdische Gemeinde Dresden der Stadt Görlitz das Gebäude zur kostenlosen Übernahme für eine angemessene Nutzung an.

 

Die nachhaltige Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland machte es möglich, das Gebäude im Juli 2021 nach rund achtzig Jahren mit zeitgemäßer Ausstattung in Betrieb zu nehmen. Das Kulturforum Görlitzer Synagoge soll zukünftig ein regional wie überregional wirksamer Ort der gesellschaftlichen Begegnung, des kulturellen Angebots und des Gesprächs sein, dessen religiöse Ursprünge und wechselvolle Geschichte auch bei der nun säkularen Nutzung nie in Vergessenheit geraten. Sie sind vielmehr Verpflichtung und Fundament zugleich.

 

 

Bildquellen: © RAG, Bestand der Fotosammlung bis 1945, 

Fotograf und Datum unbekannt


Die Verantwortung für ein jüdisches Gotteshaus

Auch wenn die heutige Nutzung der Synagoge säkular ist, soll der Ursprung des Gebäudes  im zukünftigen Betrieb stets mitgedacht und reflektiert werden.

 

An oberster Stelle steht dabei der Dialog mit der jüdischen Gemeinde. Seit Beginn der Planungsarbeiten erfolgte ein kontinuierlicher Austausch mit der Gemeinde in Dresden zu Aspekten der Restaurierungsarbeiten und des Nutzungskonzeptes. Die Einbeziehung eines Raums für jüdische Gottesdienste in Form der Wochentagssynagoge sowie das Angebot der jüdischen Gemeinde in Dresden, hierfür einen Rabbiner, eine Thora und weitere notwendige Ausstattung zur Verfügung zu stellen, sind für das derzeitige Konzept von zentraler Bedeutung. Diese Zusammenarbeit ist wertvoll und trägt dazu bei, dass das Gebäude zukünftig angemessen genutzt werden kann.

 

Die jüdische Gemeinde wird in Görlitz die Möglichkeit haben, das Gebäude seinem ursprünglichen Zweck gemäß zu nutzen. Sollte der in der Wochentagssynagoge zur Verfügung gestellte Raum nicht ausreichen, wird auch der Kuppelsaal für Gottesdienste zur Verfügung gestellt. 

 

Die Seminarräume tragen Namen von Persönlichkeiten, die eng mit der Geschichte der Synagoge und dem jüdischen Leben in Görlitz verbunden sind. Sie werden so zu Paten des Kulturforums und bürgen dafür, dass dessen Ursprünge stets präsent bleiben, als Verpflichtung und Fundament zugleich. Auch bei der Auswahl der Veranstaltungen im Kulturforum wird dieser großen Verantwortung Rechnung getragen. Verkaufs- oder etwa Parteiveranstaltungen finden im Kulturforum nicht statt. Andere Veranstaltungsformate und -inhalte sind im Allgemeinen nicht ausgeschlossen.

© RAG, Inventar Robert Scholz, Einweihung der Synagoge im Jahr 1911