festwoche

Jüdische Kulturtage

9. - 12. November 2023

Das Gedenken an die Pogromnacht vom 9. November 1938 ist Ausgangspunkt für eine Reihe von Kulturveranstaltungen verschiedenster Genres. Die "Jüdischen Kulturtage Görlitz" lenken den Blick auf die vielen Facetten jüdischer Kultur und Lebensart, die Ziel des nationalsozialistischen Vernichtungswahns wurden.

Zum Gedenken an die Pogromnacht wird am 9. und 10. November das Tanztheaterstück "Jawoll!" von Marko E. Weigert und Dan Pelleg zu erleben sein: eine atemberaubende Inszenierung über die verhängnisvollen Wechselwirkungen von Unterdrückung und Untertänigkeit. Karten hierzu gibt es beim Gerhart-Hauptmann-Theater.

Die Schauspielerin und Rezitatorin Blanche Kommerell stellt am 11. November den Briefwechsel zwischen Heinrich Heine und Ludwig Börne vor. Die Korrespondenz erzählt von menschlicher Entfremdung, aber auch von den sehr verschiedenen Perspektiven zweier jüdischer Autoren auf Deutschland.

Einen besonderen Akzent bringen die Geigerin Olga Polonsky, zusammen mit Katarzyna Wasiak (Klavier) mit einem Kammermusikabend mit Werken von Hans Gál (1890 - 1987) ebenfalls am 11. November in das Programm der Jüdischen Kulturtage ein. Die Tochter des Komponisten, Eva Fox-Gál, wird das Konzert einleiten und moderieren.

 

Das Kulturforum Görlitzer Synagoge sieht sich der Erinnerung an die frühere Gemeinde verpflichtet. Dies meint nicht nur das historisch-politisch konnotierte Gedenken an deren Vernichtung. Ziel ist es ausdrücklich, jüdisches Leben in Görlitz nicht nur vom – vorläufigen – Endpunkt, der Shoah, her zu denken und wahrzunehmen. Viel mehr steht der Blick auf die Vitalität jener Menschen im Vordergrund, die von ihnen gelebten kulturellen Facetten, der Humor, die Lebensfreude.

 

Diese Vielfalt erlebbar zu machen, ist das Anliegen der Jüdischen Kulturtage Görlitz. Sie nehmen das Gedenken an die Pogromnacht als Ausgangspunkt und setzen rund um den 9. November kulturelle Farbtupfer, die sich im Laufe der Zeit zu einem immer plastischeren Bild zusammenfügen können und sollen.

 

Das Foto von Pawel Sosnowski zeigt eine Szene aus dem Tanztheaterstück "Jawoll!"


jüdische kulturtage | Tanztheater

Gerhart-Hauptmann-Theater | Jawoll!

Donnerstag, 9. und Freitag, 10. November 20:00 uhr

Ohne Gerichtsverfahren in Isolationshaft zu sterben, weil man die Regierung beleidigt hat – würde sich irgendjemand einen Staat wünschen, in dem solche Verhältnisse die Norm sind? Sicher nicht. Doch noch immer begegnen wir Menschen, die nach so genannten starken Männern rufen, nach „geregelten Verhältnissen“, ja nach „Zucht und Ordnung“. Manch einer wünscht sich klare Autoritäten, einer die DDR zurück und andere relativieren sogar die Zeit des Nationalsozialismus. Immer wieder verfallen Menschen der angeblich charismatischen Verlockung durch Despoten und Diktatoren. Was ist so anziehend an autoritären Regimen, ja gar an faschistischen Ideen, dass wir den Wunsch nach der starken Hand oder dem starken Staat einfach nicht loswerden?

 

Erich Fromm und Theodor W. Adorno glaubten, einen Typus identifiziert zu haben, der sich nach missbräuchlichen, unterdrückerisch-unterwürfigen Beziehungen sehnt: den „autoritären Charakter“, der Stärke bewundert, Konformität und Hierarchie gutheißt und Gewalt verherrlicht, der Individualität verurteilt und Sensibilität und Selbstreflexion verachtet.

 

Begeben Sie sich  auf eine fesselnde Spurensuche nach dem Konflikt, der vielleicht in vielen von uns schlummert: dem zwischen unserer Sehnsucht nach Freiheit und dem Impuls, ihr zu entsagen. ‎

 

Foto: Pawel Sosnowski


JÜDISCHE KULTURTAGE | FÜHRUNG

Öffentliche Führung | Förderkreis Görlitzer Synagoge

SAMSTAG, 11. und SONNTAG, 12. november 11:00 UHR

Es erwartet Sie eine Führung durch das heutige Kulturforum Görlitzer Synagoge mit Einblicken in das damalige Leben der Görlitzer Juden.

 

Eintritt: 7 €     (ermäßigt 5,50 €)


JÜDISCHE KULTURTAGE | Konzert

Kammermusikabend | Olga Polonsky & Katarzyna Wasiak

mit Einleitung von Eva Fox-Gál

Samstag, 11. November 16:00 Uhr

Kammermusikabend mit Werken des österreichisch-britischen Komponisten Hans Gál (1890 – 1987), mit  Olga Polonsky (Bratsche) und Katarzyna Wasiak (Klavier). Die Tochter des Komponisten, Eva Fox-Gál, wird das Konzert einleiten und moderieren.

 

Hans Gál ist ein Kind der KuK- Monarchie in Österreich und Ungarn am Beginn des 20. Jahrhunderts. Eleganz und Lebensfreude in Wien jener Jahrzehnte prägen seine Musik. Die künstlerische Moderne blieb ihm weitgehend verschlossen. Nach dem "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland emigirierte Gans Gál nach Großbritannien - und griff hier in besondere Weise die musikalische Tradition seiner Herkunft auf.  

 

 

Die Geigerin Olga Polonsky verfolgt eine rege Konzerttätigkeit als Solistin, Orchester- und Kammermusikerin. Als Solistin konzertierte sie mit zahlreichen Orchestern, wie dem Columbus Symphony Orchestra, Boston Philharmonic, und der Minnesota Sinfonia. Seit Dezember 2005 ist Olga Polonsky Vorspielerin der ersten Geigen im Deutschen Symphonie-Orchester Berlin.

 

Seit Dezember 2005 ist Olga Polonsky Vorspielerin der ersten Geigen im Deutschen Symphonie-Orchester Berlin. Zusätzlich unternahm sie regelmäßig ausgedehnte Konzerttournéen mit dem Verbier Festival Orchestra unter der Leitung von James Levine und anderen bedeutenden Dirigenten. Außerdem ist sie Konzertmeisterin des Verbier Festival Chamber Orchestra, das international tourte und sein Debut-Album mit Maxim Vengerov für EMI aufnahm.

 

Kammermusik-Aufführungen brachten Olga Polonsky zu Festivals nach Marlboro, Kuhmo, Prussia Cove, und zu der Kronberg-Academy, wo sie mit so namhaften Musikern wie Mitsuko Uchida, Anna Prohaska, Yuri Bashmet, Lang Lang, Kim Kashkashian u. a. arbeitete. Zusammen mit Viviane Hagner, Artist-in-Residence bei dem Mecklenburg-Vorpommern Festival 2009, produzierte sie einen 3sat-Musikfilm mit dem Mendelssohn-Oktett.  Olgas musikalische Interessen sind darüber hinaus nicht auf die Violine beschränkt, so spielt sie seit einiger Zeit auch Bratsche und hat mit diesem Instrument bei namhaften Festivals mit Künstlern wie Kirill Troussov und István Vardai musiziert.

 

 

Zusätzlich unternahm sie regelmäßig ausgedehnte Konzerttournéen mit dem Verbier Festival Orchestra unter der Leitung von James Levine und anderen bedeutenden Dirigenten.

 

Foto: Miguel Bueno

 

 

 

Katarzyna Wasiak, aus Polen stammende, aber in Berlin ansässige Konzertpianistin setzt sich zum Ziel, durch eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Werken und der Lebensgeschichte ihrer Erschaffer, Musik, die sie berührt, neu zu beleuchten. 

 

Die Pianisten setzt sich zum Ziel durch eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Werken und der Lebensgeschickte ihrer Erschaffer, Musik die sie berührt neu zu beleuchten. Es ist ihr ein wichtiges Anliegen durch bewusst thematisch orientierte Projekte zur Aufarbeitung historischer Hintergründe beizutragenn, z.B. im Fall des polnisch-jüdischen Kulturerbes des XX. Jahrunderts.

 

Sie musiziert mit renommierten Orchestern, wie dem Rundfunk Orchester Warschau, dem Estnischen Nationalen Symphonieorchester, der Nationalen Philharmonie der Ukraine und mit berühmten Künstlern wie Michail Jurowski, Clemens Hagen oder Daniel Hope. Im Juli 2022 veröffentlichte sie zusammen mit der Bratschistin Magdalena Tchorzewska eine Aufnahme mit Werken von Hans Gál, die mit dem Pizzicato Supersonic Award des Musikmagazins Pizzicato Luxembourg ausgezeichnet und für den ICMA nominiert wurde.

 

 

 

 

Foto: Robert Swierczynski 

 

Gefördert von der Raff-Förderreuther Stiftung. 


JÜDISCHE KULTURTAGE | Lesung

„Ein deutsches Zerwürfnis" - Heinrich Heine und Ludwig Boerne | mit Blanche Kommerell

Samstag 11. November, 19:00 uhr

 

Die anfangs freundschaftliche Beziehung zwischen den Schriftstellern Heinrich Heine und Ludwig Boerne erfährt eine zunehmende Distanz und Meinungsverschiedenheiten. Aus einem anfänglich vertrauten Briefwechsel zwischen Freunden entwickelt sich vor dem Hintergrund tiefgreifender politischer und gesellschaftlicher Veränderungen ein immer leidenschaftlicher und heftiger ausgetragener Streit, der in einem Zerwürfnis mündet. In den derben Anwürfen blitzen Temperament und Talent zweiter bedeutender Schriftsteller des 19. Jahrhunderts auf.
Einerseits ist es ein Schlagabtausch zwischen einem Konservativen und einem Liberalen, aber auch der Streit über die Bedeutung der eigenen jüdischen Identität. Anders als Heinrich Heine konvertierte Boerne - nicht unüblich für Juden in Deutschland - zum Christentum.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto: Privat


Jüdische Kulturtage | Liederzyklus

"Unser Frühling" | mit Moderation von Hans-Peter Struppe

Sonntag 12. November, 16 uhr

 

Liederzyklus für eine Singstimme mit Klavierbegleitung von Karl-Heinz Pick nach jiddischer Lyrik in der deutschen Nachdichtung von Werner Günzerodt. Der Zyklus „Unser Frühling“ erlebte 1968 in Leipzig seine Uraufführung. Anlass war der 25. Jahrestag des Warschauer Ghettoaufstandes.

 

Die Gedichte schlagen den inhaltlichen Bogen von zarter Liebeslyrik über die bedrückende Schilderung der Unfreiheit jüdischen Lebens im  „3. Reich" bis hin zur hochdramatischen Zeichnung brennender Häuser, sterbender Menschen.

 

Die verständliche Tonsprache des Zyklus macht das Geschehen vielen Hörern zugänglich und nacherlebbar. Entstanden aus tragischer geschichtlicher Erfahrung wirbt die Komposition für Toleranz und Menschenwürde und ist damit nach wie vor von höchster Aktualität.

 

Mitwirkende:

Birgit Wesolek, Sopran (Leipzig), Victoria Flock, Klavier (Leipzig) und Hans-Peter Struppe, Moderation (Görlitz) 

 

Foto: Gerhart-Hauptmann-Theater


Jüdische kulturtage | ausstellungseröffnung und künstlergespräch

Meine Jüdische Hälfte | Andreas Neumann-Nochten

Sonntag, 12. November, 19 Uhr

 

 "Der Rechtsextremismus ist nicht aus der Welt, auch nicht aus der deutschen. Aber, wenn er allem, was einer opportunen politischen, gesellschaftlichen oder kulturellen Weltsicht zu widersprechen scheint, als Stempel aufgedrückt wird, dann wird auch dem Antisemitismus immer wieder neue Auftrieb verschafft. Dann nutzen die, die für Demokratie und Freiheit Sorge tragen wollen, in ihrem gut gemeinten Anliegen genau die Mittel, die beides zu vernichten drohen."

- Andreas Neumann-Nochten

 

Erst als Jugendlicher hat der in Görlitz lebende Künstler und Theologe Andreas Neumann-Nochten erfahren, dass seine Familie jüdische Wurzeln hat. Die Auseinandersetzung mit diesem Teil seiner Identität hat er in zahlreichen Bildern und Zeichnungen verarbeitet. Einige dieser Werke sind nun im Kulturforum zu sehen. Andreas Neumann-Nochten wird zu Beginn von seinen Erfahrungen mit seiner „Jüdischen Hälfte“ berichten.

 

Eintritt frei

 

 

"Neue Synagoge in Görlitz vom Stadtpark aus gesehen", 1985, Andreas Neumann-Nochten


Konzert | neue jüdische kammerphilharmonie dresden

An den Ufern Babylons

samstag, 18. november, 17:00 uhr

Die Neue Jüdische Kammerphilharmonie Dresden präsentiert selten gespielte Meisterwerke jüdischer Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts.

 

Leitung: Michael Hurshell

Michael Hurshell stammt aus den USA und hat dort sowie in Wien studiert. Als Künstlerischer Leiter der Neuen Jüdischen Kammerphilharmonie Dresden widmet er sich intensiv den weniger bekannten Werken jüdischer Komponisten aus der Zeit der Spätromantik bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.

 

Die Neue Jüdische Kammerphilharmonie ist eng mit der Jüdischen Gemeinde Dresden verbunden, deren stellvertretender Vorsitzender Michael Hurshell ist. Zudem ist Hurshell Dozent an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden.

 

Aus dem Programm Marc Lavry - An den Ufern Babylons Ernest Bloch - Concerto grosso Nr. 2 Felix Mendelssohn - Sinfonia Nr. 12 in g Moll

 

Eintrittskarten: 22 Euro im Vorverkauf (inklusive VVK-Gebühr), ermäßigt 17 Euro, 22 Euro an der Abendkasse.

 

Foto: Neue Jüdische Kammerphilharmonie


konzert

Candelabra Concerts | Hollywood Film Nights

Freitag, 17 November, 19:00 Uhr

Die Konzertpianistin und Komponistin Natalia Posnova verwandelt berühmte Rock- und Popkompositionen in virtuose Klavierwerke. Ihre besondere Affinität zu Rachmaninoff sowie die Liebe ihrer Mutter zur klassischen Musik in Kombination mit der Begeisterung ihres Vaters für Rock 'n' Roll spiegeln sich in Natalias einzigartiger Fähigkeit wider, sowohl klassische als auch zeitgenössische Musik transzendent zu interpretieren, was sie zu einer außergewöhnlichen Interpretin des "classical crossover“ Genres macht.

Lassen Sie sich bei einem Spaziergang in die Vergangenheit durch die unglaubliche Kraft der Musik, die wir alle kennen und lieben, an Ihre Lieblingsfilme erinnern. Der zauberhafte Klang des Flügels, die eleganten Bearbeitungen berühmter Kompositionen aus der Welt des Kinos wecken Emotionen neu – von Liebe und Freude über Angst und Trauer, von Sieg und Niederlage – bis hin zu Wundern und Tragödien. Sie werden bekannte Melodien aus den Kino-Meisterwerken wie „Titanic“, „Der Pate“, „Highlander“, „Forrest Gump“, „König der Löwen“ und vielen anderen hören. Tauchen Sie mit Natalia in eine wunderbare Piano-Tour der Filmmusik ein!

 

Karten: 32,00 €

Kartenvorverkauf: Kulturforum Görlitzer Synagoge, SZ-Ticketservice, DDV Lokal, Obermarkt 29, "Der grüne Laden", Demianiplatz 34/35 und Reformhaus A&S Niedrig, Postplatz 13, Görlitz.

 

Foto: Robert Weltin


konzert

Siegfried und Oliver Fietz

Samstag 20. januar 2024

Wer als Zuhörer in einem Siegfried Fietz Konzert sitzt, ist entweder ein eingefleischter Fietz-Fan oder wird es als solcher verlassen.

 

Wobei – Zuhörer im eigentlichen Sinne gibt es bei einem Konzert von Siegfried Fietz gar nicht. Im Publikum zu sitzen bedeutet nämlich nicht nur einem Vortrag (klassische Übersetzung von Konzert) zu lauschen, Fietz-Konzerte haben eine andere, besondere Güte:

Der Sänger versteht es, jeden einzelnen auf eine subtile nicht aufdringliche Art auf eine Liederreise mitzunehmen, und er wird so für fast zwei Stunden zum Wegbegleiter, musikalischen Freund, Tröster, Ermutiger, Mitmach-Künstler, Erzähler und vieles mehr. Menschen die bis vor wenigen Stunden nur im Badezimmer hinter verriegelter Türe leise vor sich hingeträllert haben, singen plötzlich laut den Chorus mit, umarmen dabei den Nebenmann und fühlen sich dabei auch noch wohl, beschenkt und geborgen – eine besondere Stimmung eben.

 

Siegfried Fietz gelingt es, Schwingungen der Leute aufzugreifen und agiert nicht nur als Künstler, sondern reagiert auf sein Publikum, geht auf dessen Bedürfnisse und Wünsche ein. Durch diese Sensibilität schafft er es auch, die Gottesbotschaft, seinen Glauben transparent zu machen und die Erfahrungen, die er auf seinem Weg mit Gott machen durfte, für andere glaubhaft zu transportieren.

 

Karten: 16,00 € / Ermäßigt: 12,00 € (erhältlich ab 15. Oktober 2023 im Kulturforum Görlitzer Synage und anderen Vorverkaufsstellen)

 

Foto: Abakus Musik